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Ein gesamteuropäisches Asylkonzept in Sicht

Lange hat es gedauert: seit über acht Jahren, genau genommen seit der ersten großen Migrationswelle im Jahre 2015, ringen die Mitgliedstaaten um einen Kompromiss in der europäischen Asyl- und Migrationsfrage. Nach zahllosen Auf- und Ab ist der Kompromiss aber nun zum Greifen nahe:

Kurz vor Weihnachten gelang es unter dem spanischen Ratsvorsitz, zwischen Rat, EU-Parlament und EU-Kommission eine Einigung auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu erreichen. Dazu müssen einige Rechtsakte erlassen oder geändert werden:

Rechtsakt Ziele laut vorläufiger politischer Einigung

Asylverfahrensverordnung

Einführung eines einheitlichen, EU-weiten Verfahrens für die Gewährung und Aberkennung von internationalem Schutz. Die Bearbeitung von Asylanträgen soll schneller und mit kürzeren Fristen für offensichtlich unbegründete und unzulässige Anträge, und an den EU-Außengrenzen erfolgen.

Asyl- und Migrations-management-Verordnung

Enthält verpflichtende Solidaritätsmechanismen für Mitgliedstaaten, die von Migrationsdruck besonders betroffen sind. Andere Mitgliedstaaten können wählen, ob sie Asylwerber aufnehmen oder finanzielle Beiträge leisten. Auch die Zuständigkeit und Verteilung von Asylanträgen unter den Mitgliedstaaten wird neu geregelt.

Screening-Verordnung

Irregulär ankommende Personen werden einem Screening-Verfahren unterzogen, das die Identifizierung, die Erfassung biometrischer Daten sowie Gesundheits- und Sicherheitskontrollen umfasst und bis zu sieben Tage dauern kann. Die besonderen Bedürfnisse von Kindern sollen berücksichtigt werden. Jeder Mitgliedstaat soll über einen unabhängigen Überwachungsmechanismus verfügen, um die Einhaltung der Grundrechte sicherzustellen.

EURODAC-Verordnung
(Novelle)

Bessere Identifizierung irregulär ankommender Personen in der EU, indem Fingerabdrücke durch Gesichtsbilder ergänzt werden, auch bei Kindern ab 6 Jahren. Behörden sollen in der Lage sein zu erfassen, ob eine Person ein Sicherheitsrisiko darstellt, gewalttätig oder unrechtmäßig bewaffnet ist. Dadurch sollen Rückführungen erleichtert werden.

Krisen und höhere Gewalt Verordnung

Festlegung von Ausnahmeregeln, um auf einen plötzlichen Anstieg irrregulärer Ankünfte reagieren zu können. Die Verordnung legt einen Mechanismus zur Gewährleistung von Solidarität und Maßnahmen zur Unterstützung von betroffenen Mitgliedstaaten fest. Die Regeln betreffen auch die Instrumentalisierung von Migranten, die von Drittstaaten oder feindlichen nichtstaatlichen Akteuren zur Destabilisierung der EU eingesetzt werden und sehen eine mögliche vorübergehende Abweichung von den „normalen“ Asylverfahren vor.

Richtlinie Kombinierte Erlaubnis

Legale Migration: einfacherer und schnellerer Prozess für eine kombinierte Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis für Drittstaatsangehörige und Arbeitgeber

Neuansiedelungs-Verordnung

Angleichung des Resettlements anerkannter Flüchtlinge von außerhalb der EU, etwa aus Flüchtlingslagern.

Aufnahmerichtlinie

Harmonisierung von Bedingungen für die Aufnahme in die Europäische Union.

Anerkennungsverordnung (Novelle)           

Harmonisierung von Schutzstandards in der EU und Beendigung von Sekundärmigration, um „Asylshopping“ zu verhindern.

 

Wie ist der Kompromiss aus österreichischer Sicht zu bewerten?

Die vorläufige Einigung wird begrüßt. Für Österreich ist wichtig, dass die Eindämmung von irregulärer Migration und Verhinderung von Sekundärmigration von allen Mitgliedstaaten umgesetzt wird. Verpflichtende Grenzverfahren und ein flexibler Solidaritätsmechanismus mit voller Anrechnung der Vorbelastungen (die für Österreich in der Vergangenheit überdurchschnittlich groß waren) sind für das zukünftige Funktionieren des Pakets besonders bedeutsam. Ebenso wichtig ist, dass die Verfahren effizient geführt werden können, aber immer in strikter Konformität mit den Menschenrechten und dem Völkerrecht. Hierzu gehört z.B. das „Konzept des sicheren Drittstaats“.

Wie geht es weiter?

Nach der vorläufigen Einigung werden die Arbeiten in den kommenden Wochen auf fachlicher Ebene fortgesetzt, um die Einzelheiten der neuen Gesetze zu konkretisieren. Ziel ist es, die endgültige Einigung über die Verordnungen noch in der aktuellen Legislaturperiode des Europäischen Parlaments abzuschließen.

Weitergehende Einzelheiten zu dem erzielten Kompromiss finden Sie hier:

Reform des Asyl- und Migrationssystems der EU: Rat und Europäisches Parlament erzielen Durchbruch - Consilium (europa.eu)