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Archivale des Monats Mai 2022

Urkunde von Papst Innozenz IV., 17. September 1249

Die „Geburtsurkunde“ von zehn Gemeinden

Das Vorarlberger Landesarchiv verwahrt die wertvolle urkundliche Hinterlassenschaft des 1806 aufgehobenen Benediktinerklosters Mehrerau, dessen ältestes erhaltenes Schriftstück aus dem Jahr 1139 stammt. Etwas mehr als ein Jahrhundert später erlebte das Kloster im Rahmen der Auseinandersetzungen zwischen dem Stauferkaiser Friedrich II. und Papst Innozenz IV. eine schwere Krisenzeit, in deren Verlauf es durch Plünderungen und Brände arg in Mitleidenschaft gezogen wurde. Aus dieser Zeit stammen etliche päpstliche Urkunden, die dem Gotteshaus Schutz und verschiedene Rechte zusprachen. Eine davon, die vor allem auch dessen zahlreiche Besitztümer bestätigte, erweist sich von besonderem Interesse für die regionale Geschichtsforschung. Sie wurde von Innozenz IV. am 17. September 1249 in Lyon ausgestellt und außer ihm von acht Kardinälen unterzeichnet. Der Erhaltungszustand des Schriftstücks lässt zwar stark zu wünschen übrig, seine Lesbarkeit bleibt jedoch infolge einer sorgsamen Restaurierung gewährleistet.
Der Urkunde kommt insofern eine herausragende Bedeutung für die Landeskunde zu, als sie bei der Aufzählung der Klosterbesitzungen die ungewöhnlich hohe Zahl von 65 Ortsnamen anführt, und zwar im weiten Umkreis von Sargans bis Sigmaringen sowie vom Walgau bis ins Allgäu. Zehn davon bilden sogar Erstnennungen heutiger Gemeinden. Deshalb gilt das Dokument als eine Art von Geburtsurkunde für Altach, Bezau, Hard, Hittisau, Kennelbach, Krumbach, Langenegg, Möggers, Riefensberg und Sulzberg. Die besondere Beziehung des Klosters Mehrerau zum Bregenzerwald zeigt sich bereits dadurch, dass an erster Stelle der aufgezählten Besitztümer die Kirchen von Lingenau, Andelsbuch und Alberschwende samt deren Zubehör stehen. Manche der dokumentierten Ortsnamen sind heute nicht mehr lokalisierbar, andere erfordern weitere Untersuchungen für eine verlässliche Identifizierung. Ungeachtet dessen handelt es sich bei der Papsturkunde vom September 1249 um ein Prachtstück in den Beständen des Vorarlberger Landesarchivs.

Manfred Tschaikner

Quelle: VLA, Urk. 1446 (Kloster Mehrerau).

 

Literatur:

  • Regesten von Vorarlberg und Liechtenstein bis zum Jahre 1260, bearb. von Adolf Helbok (Quellen zur Geschichte Vorarlbergs und Liechtensteins 1). Innsbruck 1920–1925, Nr. 445, S. 207–211.
  • Benedikt Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs. Bd. I: Vom freien Rätien zum Staat der Montforter. 2. Aufl. Graz 1976, S. 166–169.
  • Karl Heinz Burmeister, Die Lyoner Urkunde vom 17. September 1249; Vorarlberger Landesarchiv. In: Vorarlberg Archiv (Faksimile Archiv-Verlag) 01013.
  • Thomas Frenz, Papsturkunden des Mittelalters und der Neuzeit (Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen 2). Stuttgart 2000.

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