Archivale des Monats März 2025
Protokoll der Oberamtskanzlei Bregenz, 28. März 1803
Zapfhahn statt Ammannstab
Darf ein Schankwirt auch gleichzeitig Ammann sein? Diese Frage muss sich der Böserscheidegger Wirt Joseph Steiger gestellt haben, als er Ende März 1803 bei der Oberamtskanzlei in Bregenz vorsprach und sich über den vier Monate zuvor frisch gewählten Ammann des Gerichts Altenburg, Joseph Spieler, beklagte: [S]o treibe er Amann Spieler noch immer seine Schenkgewerbschafft fort, und gebe zu trinken und zu Essen her, mit der einzigen Ausnahm, daß er noch keine Hochzeit und Schenke [Anm.: ein Fest] gehabt habe.
Die Sorge um die Verflechtung von Politik und Wirtschaft ist kein genuin modernes Phänomen, auch wenn sie heute aktueller denn je sein mag. Aber schon Kaiser Leopold II. ließ 1790 ausdrücklich festhalten, dass Gastwirte von der Wählbarkeit zum Ammann ausgeschlossen sein sollten. Wie hätte Spieler sonst die einem Ammann obliegenden ortspolizeilichen Bestimmungen – wie die Sperrstunde für Wirtshäuser – glaubwürdig durchsetzen können, wenn sie ihn selbst in seiner Tätigkeit als Wirt betrafen. Spieler hatte sich zwar dazu verpflichtet, während der Zeit als er dem Ammann Amt vorstehen wird, alle Gastgebung, und Weinschank gänzlich zu unterlassen, doch seine Wirtekonkurrenten im Landgericht Altenburg nahmen ihm das offensichtlich nicht ganz ab.
Für das Oberamt in Bregenz war die Sache jedenfalls klar. Spieler hätte mit der Übernahme des Ammannamtes nicht mehr als Wirt tätig sein dürfen. Er wurde daher ausdrücklich angewiesen, diesen strafbahren Unfug zu beenden. Außerdem sollte das Tafernen-Schild unverzüglich abgenommen werden. Letztlich ging es um die Unvereinbarkeit eines politischen Amtes mit der Tätigkeit als Wirt, auch um das Ansehen des Ammannamtes zu wahren und Interessenkonflikte zu vermeiden.
| Tobias Riedmann
Quelle: VLA, Allgäuer Akten, Nr. 7.
Literatur:
- JGS 58/1790, Hofdekret vom 17. September 1790, an das Inner- und Oberösterreichische Appellations-Gericht, über die in den Vorarlbergischen Gerichtsbezirken eigens abgeordnete Untersuchungs-Kommission, in Folge höchster Entschließung über den einvernehmlich mit den vereinten politischen Hofstellen erstatteten Vortrag der obersten Justizstelle vom 16. Juli 1790.
- Ulrich Nachbaur. „Marktgemeinde Rankweil“ Zum Werden und Wesen von „Marktgemeinden“ in Vorarlberg. In: Ulrich Nachbaur/Alois Niederstätter (Hg.), 200 Jahre Gemeindeorganisation. Almanach zum Vorarlberger Gemeindejahr 2008. Bregenz 2009, S. 259–270.
- Alois Niederstätter, Die Ammänner - lokale Amtsträger im Spätmittelalter. In: Montfort 46 (1994) 1, S. 62-76.
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