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Archivale des Monats März 2024

Telegramm Ottokar Graf Czernin an Vorarlberger Landesregierung, Wien 27.03.1919

Ottokar (Graf) Czernin, ein Bürserberger

1916 ernannte Karl I. (1916 bis 1918) Ottokar Graf Czernin (1872 bis 1932) zum k. u. k. Minister des Äußeren, mitten im Weltkrieg. Als der französische Außenminister im April 1918 Friedensbemühungen Österreich-Ungarns mit den Regierungen der Entente öffentlich machte, über die das verbündete Deutsche Reich nicht informiert war („Sixtus-Affäre“), musste Czernin zurücktreten. Im Spätherbst 1918 zerfiel das Habsburgerreich. In Wien wurde der Staat Deutschösterreich ausgerufen. Er wurde zur Republik und zum Bestandteil des Deutschen Reichs erklärt. Am 24. März 1919 verließ Karl mit seiner Familie bei Feldkirch Österreich. Sie fanden Exil in der Schweiz, am Rorschacherberg. Nur Tage zuvor hatte die Vorarlberger Landesversammlung eine Landesverfassung verabschiedet, die auf die Schweiz zugeschnitten war. Es herrschte Not. Man konnte nicht einfach nach Vorarlberg einreisen. Am 27. März erreichte die Landesregierung ein Telegramm:

beabsichtige mich in vorarlberg dauernd niederzulassen und moechte zu diesem zwecke ein kleines landgut kaufen bitte um einreisebewilligung für vier wochen fuer sechs personen = graf ottokar czernin wien schwarzenbergplatz 2

Mit einem zweiten Telegramm empfahl Vizekanzler Jodok Fink (1853 bis 1929) die Genehmigung. Landeshauptmann Dr. Otto Ender (1875 bis 1960) antwortete Czernin, eine Einreisebewilligung könne bis auf weiteres leider nicht erteilt werden. Vorarlberg werde von Einreisegesuchen überschwemmt, telegrafierte er Fink. Auch von hohen Herrschaften, die vorgeben, Güter kaufen zu wollen. Bei der großen Wohnungsnot sei um die soziale Ruhe zu fürchten. – Als Czernin im April 1919 nach Feldkirch gelangte und um eine Ausreisebewilligung in die Schweiz ersuchte, schlug das medial hohe Wellen. Er wurde zurückgeschickt. Und doch gelang es ihm, Vorarlberger zu werden. Er erwarb mit Beschluss des Gemeindeausschusses vom 10. Mai 1919, am Tag vor der „Schweiz-Volksabstimmung“, für sich und seine Familie das Heimatrecht in der Gemeinde Bürserberg. Damit war das Recht auf ungestörten Aufenthalt und soziale Versorgung verbunden. Von beidem dürften sie nie Gebrauch gemacht haben.

| Ulrich Nachbaur mit Anna Mödlagl

Quelle: VLA: Amt der Vorarlberger Landesregierung I, Prs-157/1919.

 

Weitere Quellen:

  • VLA: Vorarlberger Landesarchiv-Landesevidenzstelle, P 1898-Czern;
  • LGBl. Nr. 21/1918.

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