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Archivale des Monats Jänner 2022

Karte der Pfarre Sulzberg von Leonhard Fink, 1812

Bröger (Sulzberg): Außenposten Vorarlbergs

Vorarlberg weist einige ungewöhnliche Grenzen auf. So ist das Kleinwalsertal bekanntlich auf dem Straßenweg nur über das Ausland erreichbar. Innerhalb des Landes verwundert zum Beispiel der Grenzverlauf zwischen Frastanz und Nenzing, wo einzelne Weiler in schwer nachvollziehbarer Weise den jeweiligen Gemeinden und damit seit 1903 auch unterschiedlichen Bezirken zugeordnet sind. Am auffälligsten wirkt jedoch bei einem Blick auf die Karte Vorarlbergs ein kleiner Landzipfel im Weißachtal, der fast vollständig von deutschem Staatsgebiet umgeben und nur durch einen engen Korridor mit der Gemeinde Sulzberg verbunden ist. Es handelt sich dabei um die aus einigen wenigen Häusern bestehende Parzelle Bröger.

Fragt man sich, wie ein so seltsamer Grenzverlauf entstehen konnte, empfiehlt sich ein Blick auf den „Grundriß über die ganze Pfarrey Sulzberg“, den Leonhard Fink im Jahr 1812 im Zuge der damals vorgenommenen Verwaltungsreformen in penibler Weise angefertigt hat. Hier zeigt sich, dass das Gebiet von Sulzberg ursprünglich durchaus abgerundete Grenzen aufgewiesen hat. Dass dabei die Höfe von Zellers und Schweinhöf zwar zur Pfarre Sulzberg, nicht aber zum Landgericht Bregenz, sondern zu jenem von Weiler gehörten, war von untergeordneter Bedeutung, bildeten einst doch die Pfarreien („Kirchspiele“) die Grundlage der Gemeinwesen.

Als aber 1814 das Königreich Bayern Vorarlberg nach acht Jahren wieder an das Kaiserreich Österreich abtrat, geschah dies ohne das ehemals vorarlbergische Gebiet des Landgerichts Weiler. So entstand zwischen den Höfen von Bröger und Zellers eine Staatsgrenze, die nunmehr einen Keil aus dem alten Pfarr- und Gemeindegebiet von Sulzberg löste und die Parzelle Bröger zu einem abgesonderten Außenposten werden ließ. Obwohl sie in den folgenden Jahrzehnten noch als Verhandlungsobjekt bei Grenzberichtigungsprojekten diente, blieb sie letztlich – gleichsam als Erinnerung an die frühneuzeitlichen Verwaltungsstrukturen – bei Österreich.

Manfred Tschaikner

Quelle: VLA, Kartensammlung, 15/54/2.

 

Literatur:

- Gebhard Blank, Konrad Blank, Elmar Haller u. Ernst Wirthensohn, Sulzberg. Stationen der Geschichte. Sulzberg 1999.
- Ulrich Nachbaur, Vorarlberger Territorialfragen 1945 bis 1948. Ein Beitrag zur Geschichte der Vorarlberger Landesgrenzen seit 1805 (Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs 8). Konstanz 2007.

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