Archivale des Monats April 2022
Mitteilungsschreiben des Bundesministeriums für Inneres, 16. April 1952
Zwei geteilte Hälften eines Ganzen
Nachdem es in der Folge des Zweiten Weltkrieges und des heraufziehenden Kalten Krieges zur Bildung von zwei deutschen Staaten gekommen war, stellte sich die Frage nach der korrekten Bezeichnung dieser beiden Staaten bzw. deren Regierungen in Bonn und Ostberlin. Aufgrund der politisch-ideologischen Gegensätze der Bundesrepublik Deutschland und der DDR kam es zu höchst unterschiedlichen Bezeichnungen der jeweils anderen Hälfte Deutschlands. Mitunter sollte mithilfe der gewählten Bezeichnung der vermeintlich unklare Status der Gegenseite betont werden. So fanden sich bis weit in die 1970er-Jahre hinein Bezeichnungen wie „Ostsektor“ oder „Sowjetzone“ für die DDR im westdeutschen Sprachgebrauch. In offiziellen Verlautbarungen der DDR war dagegen nur vom „kapitalistischen Ausland“, dem „Klassenfeind“ oder schlicht von der „BRD“ und nicht von der Bundesrepublik Deutschland die Rede.
Schon im April 1952 erging mit einer Mitteilung des Bundesministeriums für Inneres die Einladung an die Präsidien der Ämter der Landesregierungen für eine korrekte und einheitliche Bezeichnung der beiden deutschen Nachbarstaaten. Bezeichnungen wie Westdeutschland, westdeutsche Regierung oder Bonner Regierung sollten tunlichst vermieden und statt derer einheitlich Bundesrepublik Deutschland und Die Deutsche Bundesregierung verwendet werden. Nach Mitteilung des Bundeskanzleramtes (Sektion Auswärtige Angelegenheiten) würden unrichtige Anschriften oder Zitierungen seitens der deutschen Behörden als unangenehm empfunden. In gleicher Weise war dann auch die östliche Hälfte Deutschlands als Deutsche Demokratische Republik zu bezeichnen und deren Regierung hieß demzufolge Regierung der Deutschen Demokratischen Republik.
Mit der friedlichen Revolution der ostdeutschen Bevölkerung im Jahr 1989 und der darauffolgenden Wiedervereinigung wurden die Bezeichnungen nun obsolet, da es seit dem 3. Oktober 1990 wieder ein Deutschland gibt.
Markus Schmidgall
Quelle: VLA, Amt der Vorarlberger Landesregierung III, Prs. 403/1952.
Literatur:
- Wolfgang Schmidt, Die Wurzeln der Entspannung. Der konzeptionelle Ursprung der Ost- und Deutschlandpolitik Willy Brandts in den fünfziger Jahren. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 51 (2003) 4, S. 521–563.
- Hedwig Richter, Die DDR. Paderborn 2009.
Weiterführende Links:
- Geteiltes Deutschland, hg. vom Haus der Geschichte in Bonn.
- Von der Konfrontation zum Dialog, hg. von der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn.
- "Normale gutnachbarliche Beziehungen", hg. vom Bundesarchiv in Koblenz.
- Der Honecker-Besuch in Bonn 1987, hg. von der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn.
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