Asset-Herausgeber

Zurück Archivale des Monats Februar 2022

Archivale des Monats Februar 2022

Urteil des k. k. Landwehrdivisionsgerichts in Innsbruck, 20. April 1915

Champagnisieren als Wachverbrechen

Der verheiratete Sticker Michael Bale (1879 bis 1942) aus Satteins wurde 1914 mit Kriegsbeginn zum k. k. Landsturmregiment Innsbruck Nr. I eingezogen, das auf dem Balkan große Verluste erlitt. Bale wurde in Serbien verwundet. Ab Jänner 1915 war er der Ersatzkompanie in Innsbruck zugeteilt. Dort brachten ihm drei Flaschen Champagner einen teuren Rausch mit Kerkerstrafe ein.

Am 20. April 1915 stand Michael Bale vor dem k. k. Landwehrdivisionsgericht in Innsbruck. Den Vorsitz führte k. u. k. Oberstleutnant Eduard Steffan (1851 bis 1934), Enkel des Fabrikanten Carl Ganahl (1807 bis 1889), verheiratet mit einer Enkelin des Kreishauptmanns Johann von Ebner (1790 bis 1876). Die Anklage vertrat k. k. Landsturm-Oberleutnant-Auditor Dr. Johann Bitschnau (1873 bis 1962), 1916 Ankläger im Hochverratsprozess gegen Cesare Battisti (1875 bis 1916), später leitender Staatsanwalt in Feldkirch. Der geständige Bale hatte vom 3. auf 4. März 1915 vor dem Arrestlokal der Landsturm-Ersatzkompanie Innsbruck Wache geschoben, das im Keller des Hotels „Österreichischer Hof“ untergebracht war. Er wurde nach Militärstrafrecht des Verbrechens der Pflichtverletzung im Wachdienst schuldig gesprochen, weil er von diesem Posten in den räumlich getrennten Weinkeller des Gasthauses sich entfernte und sich, während er auf Posten stand, durch den Genuss von Champagner berauschte. Da Bale nicht alle geleerten Schampusflaschen nachgewiesen werden konnten, wurde er zusätzlich nur für den Diebstahl einer Flasche sowie einer Flasche Klosterneuburger Bocksbeutel belangt. Er fasste eineinhalb Jahre Kerker aus, verschärft durch einen Fasttag an jedem Freitag.

Bale war inzwischen zu einem Landsturmbataillon nach Cavalese kommandiert. Die Kriegserklärung Italiens stand bevor. Das Militärkommando ordnete einen Strafaufschub bis nach erfolgter Demobilisierung an. Mehr erfahren wir aus den militärischen Personaldokumenten nicht. Wir dürfen davon ausgehen, dass Bale die Strafe nach Kriegsende nicht verbüßen musste. 

Ulrich Nachbaur mit Anna Mödlagl

Quelle: VLA, Vorarlberger Landesarchiv-Landesevidenzstelle, P 1879-Bale.

 

Weitere Quellen:

Literatur:

  • Mathias Oefner, Das Tiroler Landsturmregiment Nr. 1 im bosnisch-serbischen Herbstfeldzug 1914 (Schlern-Schriften 103). Innsbruck 1952.
  • Otto Stolz, Das Tiroler Landsturmregiment Nr. II im Kriege 1914-15 in Galizien. In: Veröffentlichungen des Museum Ferdinandeum 18 (1938), S. 129–223.

Kontaktdaten

Vorarlberger Landesarchiv

Postanschrift: Kirchstraße 28, 6900 Bregenz

Standortanschrift: Kirchstraße 28, 6900 Bregenz

T +43 5574 511 45005

F +43 5574 511 45095

landesarchiv@vorarlberg.at

Kundenverkehr:
Montag bis Donnerstag von 9:00 bis 17:00 Uhr.